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Journalismus

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Verwaltungsgericht: Polizei muss Nationalität eines Teilnehmers an Autorennen nennen

Die Polizeidirektion Hannover muss einem Journalisten die Nationalität eines Unfallbeteiligten nennen, der in ein Autorennen verwickelt war. Das hat das Verwaltungsgericht Hannover entschieden. Die Auskunft diene, so das Gericht, der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse. Zudem bestehe auch ein konkretes Interesse der Öffentlichkeit an der Staatsangehörigkeit. Dem Gerichtsreporter war in der Vergangenheit aufgefallen, dass in illegale Autorennen oft junge Männer mit Migrationshintergrund verwickelt waren.

Die Polizeidirektion hatte zuvor die Herausgabe der Information an den Journalisten aus Gründen des Datenschutzes verweigert. Das sah das Verwaltungsgericht anders: Der Journalist habe durch "die Vorlage verschiedener Berichterstattungsauszüge glaubhaft gemacht, dass der soziokulturelle Hintergrund im Hinblick auf die Feststellung etwaiger Häufungen in Rede stehender Verhaltensweisen bei bestimmten Tätergruppen von Bedeutung" sein können. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei dabei größer als das Interesse des Beschuldigten daran, dass seine Staatsangehörigkeit nicht offen zulegen. 

Lesen Sie hier die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtes:

"Bei dem Antragsteller handelt es sich um einen Vertreter der Presse. Mit seinem Eilantrag macht er einen presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber der Polizeidirektion Hannover geltend. Nachdem sich am 20.09.2020 am Aegidientorplatz in Hannover nach einem Autorennen ein Unfall ereignet hatte, hatte der Journalist sich nach der Staatsangehörigkeit einer der Unfallbeteiligten erkundigt. Diese Auskunft hat die Antragsgegnerin mit dem Argument verweigert, dass es sich bei der Staatsangehörigkeit um ein personenbezogenes Datum handele. Die Auskunft könne deswegen nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 des Niedersächsischen Pressegesetzes (NPresseG) verweigert werden.

Der Antragsteller ist der Auffassung, die Information sei von Relevanz. Ihm sei als Gerichtsreporter in der Vergangenheit aufgefallen, dass an illegalen Straßenrennen oftmals junge Männer teilnähmen, die häufig einen Migrationshintergrund hätten. Diesbezüglich verwies der Antragsteller auf mehrere (Fremd-)Berichterstattungen in ähnlich gelagerten Fällen.

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat dem Eilantrag mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 stattgegeben. Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 4 Abs. 1 NPresseG. Hiernach seien die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Eine öffentliche Aufgabe erfülle die Presse, wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschaffe und verbreite, Stellung nehme, Kritik übe oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirke.

Die vorliegend begehrte Auskunft hinsichtlich der Staatsangehörigkeit(en) des in Rede stehenden Unfallbeteiligten diene der Erfüllung einer solchen „öffentlichen Aufgabe", welche konkret darin bestehe, sich in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse publizistisch zu betätigen. Ein öffentliches Informationsinteresse sei hinsichtlich der Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen zu bejahen. Dies habe sich in der Vergangenheit beispielsweise an dem Berliner „Ku'damm-Raser-Fall" gezeigt.

Neben dem generellen öffentlichen Interesse an besagter medialer Berichterstattung besteht nach Ansicht der Kammer darüber hinaus auch ein konkretes Informationsinteresse in Bezug auf die Staatsangehörigkeit(en) der in Rede stehenden Beschuldigten. Diesbezüglich habe der Antragsteller durch die Vorlage verschiedener Berichterstattungsauszüge glaubhaft gemacht, dass der soziokulturelle Hintergrund im Hinblick auf die Feststellung etwaiger Häufungen in Rede stehender Verhaltensweisen bei bestimmten Tätergruppen von Bedeutung sein könne. Das private Interesse des Beschuldigten daran, dass seine Staatsangehörigkeit nicht offengelegt werde, überwiege nicht gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit.

Den Beteiligten steht das Rechtsmittel der Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu.

Az.: 6 B 5352/20"

Quelle: PM Verwaltungsgericht Hannover vom 21.10.2020

Jüngste Aktualisierung: 23.10.2020 - 00:34


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